Hallo Ihr,

habe letzte Woche einen Maya getroffen, der in Deutschland studiert hat. Der hat mir einen Witz erzählt:

Will ich als Ureinwohner einen Fisch, angle ich.
Brauche ich Fleisch, schiesse ich Wild.
Brauche ich Feuer bzw. Streichhölzer, schiesse ich mir einen Ethnologen.

So lässt sich auch die Geschichte der Indigenia Mexicos kurz zusammenfassen. Stets Menschen zweiter bzw. eigentlich dritter Klasse (Spanier --> Mestizen --> Indigenias). Gejagt, benachteiligt und "bekehrt".

Agressive amerikanische Lutheraner und Methodisten "befreien" die Indigenias vom Joch der katholischen Kirche. Damit mich keiner falsch versteht, ich will hier keinen Glaubenskrieg anfangen. Zumal im Namen der katholischen Kirche gerade hier in Mittelamerika viele Verbrechen verübt wurden.

Aber wenn man sieht, wie die Indigenias mit Hilfe vieler Versprechungen "ins andere Lager" gezogen werden; gezwungen werden, die Majordomo (Stammesältesten) nicht mehr als höchste Autorität anzuerkennen (auch wenn diese sich aus meiner Sicht alle mit einem etwas merkwürdigem Handel befassen, denn sie verkaufen Alkoholika, die mit einer hohen halloziden Wirkung einhergehen) und es so zu Spaltungen von Dörfern und "Ausweisungen" kommt (die betreffenden Leute landen dann in St. Christobal in einem Slum) - na dann prost (Wow, was für ein Satz, da wäre selbst die FAZ stolz drauf).

Camula und Zinacantan (07.12.)

Zinacantan - (c) Peter BelinaDieses und vieles andere mehr haben wir bei einer unwahrscheinlich informativen Fahrt mit Caesar & Raul in die Indianerdoerfer Chalula und Zinacontan erfahren. Die beiden sind inzwischen eine Legende und nachdem beide etliches an Indianerblut besitzen, kommen sie auch überall gut hin. Mit zwei kleinen VW-Bussen geht es hoch in die Berge hinauf.

Fotografieren von Majordomos, von Prozessionen, in der Kirche und von Einzelpersonen ist strengstens untersagt. Das Verprügeln von Touris, das Zerstoeren von Kameras und das Herausreisen von Filmen "Will be destroyed!" sind Tagesordnung. Verstehe und akzeptiere ich natürlich alles. Tut einem alten Fotografen aber natürlich schon weh.

Am beeindruckendsten war die Kirche in Camula. Keine Bänke, keine Orgel, kpl. mit Reisig ausgelegt, Tausende von Kerzen. 20 "Gottesdienste", die parallel ablaufen, eine unwahrscheinliche Atmosphäre, herum- tollende Kinder, Weihrauch, Christentum und heid- nische Bräuche, ein Huhn, dem gerade der Hals um- gedreht wird, Musik aus allen Ecken, viele (verstörte? faszinierte?) Touristen, viel Alkoholdunst und noch viel mehr Cola.

Cola? Ja, tatsächlich. Coca Cola (katholisch) und Pepsi Cola (reformiert) mitten im Glaubenskrieg. So wie der Alkohol, ist die Cola hier heilig. Ist mein Ernst. Hat damit zu tun, dass man nach dem Genuss von Cola so schön rülpsen kann. Dadurch werden böse Geister vertrieben. Früher wurde Alkohol als "Rülpsunterstützer" eingesetzt.

Mit den beiden Guides diskutieren wir intensivst. Normalerweise dauern diese Touren vier Stunden, heute waren aber Überstunden angesagt - nach sechs Stunden kamen wir wieder in St. Christobal an.

Während der Rest unseres 8er-Teams schon erledigt ist, machen sich Petra und meine Person noch einmal auf, wir steigen hinauf zur Guadelupe-Kirche, wo sich ein toller Blick auf die Stadt bietet und gehen ins Na Balam-Museum, das sich dem Erhalt der letzten Urwald-Indianerkultur Mexikos verschrieben hat, der Lakandonen.

Dass die Mexikaner gläubig sind, zeigt sich in den kommenden Tagen, Prozessionen und Wallfahrten ohne Ende. Meist im Dauerlauf. Teilweise über hunderte von Kilometern. Vorne läuft einer mit dem heiligen Feuer (wie bei der Olympiade). dahinter kommt ein Kleintransporter mit Blinklicht und 10-15 anderen Läufern hinten drauf.

Nachdem wir heute soviel über Caco-Cola gehört haben, lassen wir uns die Coca Cola-Weihnachts-Karawane natürlich nicht entgehen. Kitsch as Kitsch can, aber irgendwie lustig. Erinnert mich an die Karnevalsumzüge in Mainz- nur die Stimmung fehlte. Als die 20 Wägen durch waren, war der Spuk vorbei.´Wirkte irgendwie aufgesetzt,

Sumidero (08.12.)

Krokodile am Sumidero-Canon - (c) Peter BelinaIch war skeptisch. Sehr skeptisch. Will ich wirklich zum Sumidero-Canon oder bleibe ich lieber in St. Christobal?

Ich bin mitgefahren. Doch, es hat sich absolut gelohnt. Wie alles in Mexiko, hat auch der Canon zwei Seiten (heute werde ich richtig philosophisch und doppeldeutig). Einerseits eine spektakuläre Natur mit bis zu 1.000 m hoch aufragenden Felswänden und jeder Menge Wildlife, andererseits Millionen von Plastikflaschen im Wasser und Speedboote mit Touristen.

Wir haben Glück und finden einen Guide, der nicht nur ein gutes Auge hat (Wow!), sondern auch bereit ist, nicht ständig mit 70 km/h durchzubrettern, son- dern auch regelmäsig zu halten. So bekommen wir rund ein Dutzend Krokodile zu sehen, Brüllaffen, Goldleguane sowie Tausende von Vögeln, v.a. Pelikane).

Am Abend gehen wir noch zu viert weg und landen schliesslich in einer Mariachi-Bar. Aaaaaaaaaah! In Restaurants treten die meist in Dreiergruppen auf und machen eigentlich ganz schöne Musik. Hier gibt es aber Mariachi-Videoclips, moderiert von der mexikanischen Carolin Reiber und von dem Typen da aus der Hitparade der Volksmusik. Es treten auf: Hansi Mexiko Hinterseher, Stefanie Mexiko Hertel und die mexikanischen Oberkrainer.

Palenque (09.12.)Misol Ha - (c) Peter Belina

Heute liegt eine sehr lange Fahrt vor uns. Die nächsten Tage gibt es außerdem wenig bzw. schlechte Infra- struktur. Nach dem Auffrischen unserer Vorräte (viel kann man nicht kaufen, das Eis in den Kühlboxen schmilzt sehr schnell) geht es los in Richtung Palenque. Vielleicht wird es auch Zeit zum Verschwinden, die mexikanischen Tageszeitungen melden Auseinander- setzungen zwischen den Zapatisten unter Subcomman- dante Marco und der Armee. Alle 50-80 km Strassen- sperren des Militärs. Auch das ist Mexiko...

Es gibt eigentlich nur einen Zwischenstop, und zwar bei der Cascada Misol Ha. Hier stürzt sich ein Fluss mit glassklaren Wasser ca. 15 m tief in einen grossen na- türlichen Pool. Wow, ist das eine Gischt und eine Ge- genströmung.

Nach insgesamt acht Stunden Fahrt erreichen wir Pa- lenque. Am Campground ist das Gras nass vom Re- gen. Unsere Zelte sind noch nass vom letzten Einsatz (Ocosongo). In 6er Teams versuchen wir, die Aussen- wände trocken zu kriegen. Vom weiten schaut das aus, als ob ein Dinosaurier Flugübungen macht...

Am Abend gehen wir in ein fantastisches Palapa- Re- staurant essen. Nicht nur, dass das Essen gut und reichlich ist (die Hälfte der Pizza hätte mir durchaus auch gereicht...). Das besondere ist einerseits die Atmosphäre, mitten im Urwald, und andererseits die Life-Musik, die wir dort vier Stunden erleben können.

Palenque (10.12.)

Zeit für unseren nächsten nächtlichen Wolkenbruch. Wer hat eigentlich das Gerücht gestreut, Anfang November sei Trockenzeit?

Gegen 8 Uhr, so ziemlich als erste, sind wir bei den Pyramiden. Eine geradezu mystische Stimmung breitet sich hier aus. Nebelschwaden ziehen durch die Urwaldriesen am Hang im Süden, die Ebene im Norden ist sonnenüberflutet. Vom Templa de la Cruz möchte ich am liebsten nicht mehr herunter, so schön ist es hier.

Palenques Besonderheit ist die Lage genau am Ende der Yucatan-Tiefebene, wo es in die Berge von Chiapas hinaufgeht.Palenque - (c) Peter Belina

Auch heute ist wieder eine lange Fahrt an- gesagt, tief in den Urwald nach Calakmul. Da, wo kaum einer hinkommt. Bei den ver- schiedenen Strassensperren erfahren wir ("wir" in Anführungszeichen, für die Kommu- nikation sind Petra und Mike "zuständig", mit meinen Wahnsinns- Spanischkenntnissen komme ich da nicht weit), dass die Stras- sen nach den schweren Überschwemmungen wieder befahrbar sind. Nach 400 km geht es rechts ab in den Urwald und dann immer gerade aus. Nach 19 km kommen wir zum Rangerposten des Biosphaerenreservat Calakmul.

Der Mann lebt da draussen ganz alleine, hat alle 20 Tage drei Tage frei und freut sich rie- sig über unseren Besuch. Wir dürfen bei ihm in seiner Palapa übernachten (Betonfußboden, Holzdach, seitl. undichte Moskitonetze). Auch hier gibt es Wildlife: Schlangen (am Klo), Tarantulas (in der Dusche), wilde Fasane (überall), Moskitos (auch überall), Ameisen (sowieso überall) und wahrscheinlich Sandflöhe (in meinem Inlet-Schlafsack).

Wir laden den Mann zum Abendessen ein, wo er uns den Tipp gibt, vor Sonnenaufgang loszufahren. Angesichts der "Haustiere" am WC und bei der Dusche brauchen wir nicht lange zu überlegen. Nachdem wir endlich unseren vor 5 Tagen gekauften Tequila alle machen, ist die Entscheidung am Lagerfeuer gefallen.

Calakmul (11.12.)
Calakmul - (c) Peter BelinaAlso gut, um 4:30 geht es los, weitere 38 km im wilden Zickzackkurs über eine (asphaltierte) Urwaldpiste, die sich der Urwald Schritt für Schritt wieder zurückholt. Gegen 5:30 sind wir da und sorgen beim Personal für ziemliche Aufregung - die dachten an einen Überfall. Schliesslich lassen sie uns doch rein.

Durch tiefste Finsternis, begleitet von immer lauter werdenden Geräuschen, geht es zu den Pyramiden. Alleine schon deswegen, weil die Temparaturen mit ca. 25 Grad im Moment noch erträglich sind, war das frühe Aufstehen eine gute Idee. Eine Stunde später hat's schon 10 Grad mehr.

Leider hatten die Mayas hier nur qualitativ schlechten Mörtel zur Verfügung, deshalb sind die Stelen und Tempel ziemlich verwittert. Mit den ersten Sonnen- strahlen steigen wir auf den höchsten Tempel hinauf. Leider klappt das mit dem Sonnenaufgang nicht zu 100%, denn es gibt im Osten einige Wolken. Ist aber auch so ein phantastisches Erlebnis.

Man muss nur aufpassen beim Heruntersteigen von den sehr steilen Pyramiden, dass einen der Schrei eines Brüllaffen nicht aus dem Rhythmus wirft (und man beim Absturz selbst zum Brüllaffen wird).

Calakmul liegt mitten im Urwald. Lediglich die Tempel und einige wenige Wege sind freigelegt. Man sieht den Tempel also erst, wenn man direkt davor steht oder von der "Spitze" einer anderen Pyramide.

Auch heute ist wieder eine lang Fahrt angesagt, es geht zurück zur Karibik. Hier sind wir drei Tage in der Bonanza Xpu-Hal, direkt am Meer. Gecampt wird direkt am Strand. Am 12.12. geht's zu den aus den Imax-Kinos bekannten "Hidden Worlds". Schorcheln in unterirdischen Seen und Flüssen, Wirklich beeindruckend. Leider ist das Wasser ziemlich kalt. Nachdem am Tag vorher die Klimaanlage zu stark an war (schwacher Trost, dass es D.J. (Amerikanerin), die die A/C ständig hochgedreht hat, am schlimmsten erwischt hat, schnieft alles vor sich hin. Am 13.12. (zumindest bis mittag) Faulenzen am Strand. Als ich gegen 2 Uhr Schwimmen gehe, werde ich beim Schwimmen von einem Wolkenbruch überrascht (auch eine neue Erfahrung). Bis ich zum Strand zurückkomme, sind meine Trekkingschuhe (ja, die sind wasserfest!) 4-5 cm hoch mit Wasser vollgelaufen. Die nächsten vier Stunden sollte es nicht mehr zu regnen aufhören. Die Frage ist nur: wie soll man sich trockene Klamotten überziehen, wenn die im kleinen Zelt sind? Interessante Kombination: Wasser+Sand auf und im Zelt.

Isla de Mujeres (14.12.)

Wir sind zurück in der Zivilisation. Abschied nehmen fällt schwer. Petra, Olivia und ich haben immerhin noch einen kleinen Aufschub, die beiden kommen auf die Isla Mujeres mit, bevor es dann wieder nach Deutschland zurueckgeht zu -8 /-12 /-14 Grad (Danke für die aktuellen Wetterinfos von Euch). Gut, dass ich lange Skiunterwäsche dabei habe.

ENDE UND SCHLUSS DER MEXICO-BERICHTERSTATTUNG. Bis bald!

Euer Peter


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